Kinzer will sein Werk als Beitrag zum Thema 60 Jahre Kriegsende verstanden wissen. Eine so lange Friedenszeit hat es in Mitteleuropa noch nicht gegeben. Aber friedlich sind unsere Zeiten keineswegs und die Soldatenfriedhöfe sind eine wirksame Form der Mahnung zum Frieden.
   Auf einem Grabstein hätten die Familienmitglieder "Krieg" nicht Platz gehabt, weswegen sich Kinzer für schlichte Holzkreuze entschied. Die sagen auch etwas aus über die Wertigkeit der Kriege. An ferne Kriege und die Nachrichten darüber gewöhnt sich der Mensch allzu leicht, so dass ihre Existenz so unbedeutend scheint, wie der Tod eines einzelnen Soldaten. Erst die Menge der Gräber wirkt erschreckend und aufrüttelnd. Für dieses nachdenklich stimmende Werk vergab der Rotary-Club beim 8. Kunstfrühling von Bad Wörishofen seinen Kunstpreis.
   Viele Preise und Auszeichnungen hat Pit Kinzer erhalten, unter anderem zweimal den Kunstförderpreis der Stadt Augsburg. Der 1951 in Ottobeuren geborene vielseitige Künstler erlernte zunächst das Handwerk des Schriftsetzers und absolvierte ein Architekturstudium. Seit 1978 arbeitet er als freischaffender Künstler, als Maler, Grafiker und Medienkünstler.
   Pit Kinzer ist ständig auf der Suche, die Ausdrucksmöglichkeiten der Kunst zu erweitern. Das ist ebenso schwierig wie nötig, denn das Ausdruckspotenzial von Darstellungsweisen und Darstellungsmitteln erschöpft sich. Das Publikum gewöhnt sich an bestimmte Techniken und Stile.

 

Was einmal neu und provozierend war, was den Betrachter aufschreckte, irritierte oder zumindest neugierig machte, das ist bald verbraucht. Auch die Fotografie, die in gewisser Weise die Nachfolge der Malerei antrat, blieb nicht von diesem Schicksal verschont. Mehr Authentizität, mehr Genauigkeit, mehr Leben, mehr Bewegung und mehr Stimmung schien der Vorzug des Fotografierens gegenüber dem Malen zu sein. Inzwischen ist alles gezeigt, ist die Fotografie zu einem massenhaft benutzten Medium geworden, so dass der Künstler sich etwas einfallen lassen muss, um sie wirksam sein zu lassen. Für seine Serien von Städtebildern vergab der literarisch feinfühlige Kinzer witzige, sprechende Namen: "Shanghaied", Amsterdamned", "Wienzig". Er lud sich die Bilder aus dem Internet herunter, montierte sie neu, nahm die Farben heraus, vergrößerte sie so, dass die Raster sichtbar und die Konturen unscharf wurden. Er vermeide dadurch jede Originalität und jede Bedeutung, sagte eine Interpretin. Kinzer würde insofern seine Bilder künstlerisch bedeutsam machen, als er sie radikal gegen die bisherigen künstlerischen Konventionen verstoßen ließe. Man könnte sie aber auch als Gegenzug zur normalen touristischen Fotografie deuten, denn der Fotograf war nicht vor Ort und hat den benutzten Bildern jegliche Lebendigkeit, Vertrautheit und Romantik genommen. So verändert die Kunst die Sichtweise des Betrachters und Kinzer hat sein Ziel erreicht.

 

PitClown

Provokation an der Südstraße
Pit Kinzer gehört zu den unbequemen Künstlern Kunstpfad-Serie (10)

Von unserem Mitarbeiter
Dr. Heinrich Lindenmayr



Beim Kunstfrühling in Bad Wörishofen erhielt das Werk "Familiengrab" von Pit Kinzer den Preis des Rotary-Clubs. Da die Anzahl der Teilnehmer am Kunstpfad Krumbach erweitert werden konnte, weil die Sponsorengelder üppiger flossen, als ursprünglich kalkuliert, zog das Familiengrab von Wörishofen nach Krumbach um. Dadurch wurde der Kunstpfad um einen avantgardistisch ambitionierten, streitbaren, interessanten Künstler reicher.

   Ein Soldatenfriedhof in Krumbach an der Südstraße? Das mag der erste Gedanke der Vorüberfahrenden sein, wenn sie Pit Kinzers Beitrag zum Kunstpfad Krumbach sehen. 120 schlichte, kleine Holzkreuze hat der Künstler dort aufgestellt und sie stehen so regelmäßig wie auf Soldatenfriedhöfen. Etwas irritierend ist zunächst der Titel der Installation. "Familiengrab" hat der Künstler sie genannt. Gemeint ist die Familie "Krieg" und jedes der 120 Kreuze trägt den Namen und die "Lebens"-Daten von einem der Kriege, die seit 1945 stattgefunden haben.